Carsta Drehn ist Schulleiterin am Johann-Mathesius-Gymnasium in Rochlitz in Sachsen. Sie hat mit Ihrer Schule am Gewaltpräventionsprogramm "Tour gegen Gewalt" der Unfallkasse Sachsen teilgenommen. In diesem Rahmen wurden die Schülerinnen und Schüler in Form eines Theaterstücks mit verschiedenen Szenen von Gewalt konfrontiert.
Liebe Frau Drehn, was war der Grund für Sie, mit Ihrer Schule an dem Präventionsprogramm der Unfallkasse Sachsen teilzunehmen?
Von Gewalt, Mobbing und Ausgrenzung ist heute fast täglich die Rede. Auch wenn diese Dinge an unserem Gymnasium eine untergeordnete Rolle spielen, kam es schon vor, dass Ansätze von Ausgrenzung zu sehen waren. Diesem Aufkeimen von nicht zu tolerierenden Verhaltensweisen wollten wir sofort entgegentreten. Das Angebot der Unfallkasse Sachsen, das zudem auch noch unentgeltlich angeboten wurde, erschien uns als eine sehr gute Möglichkeit auf die diversen Ausgangspunkte von Gewalt hinzuweisen. Die im Theaterstück gezeigten Szenen beruhen auf wahren Gegebenheiten und behandeln u.a. Rassismus, Unterdrückung oder Mobbing – alles relevante Themen an unseren Schulen in Sachsen. Auch im Alltag begegnen die Schülerinnen und Schüler diesen Themen, d.h. das Programm hat auch weitergreifende positive Effekte. Die finanzielle Förderung, die wir für das Event erhalten haben, war dabei auch sehr hilfreich.
Wie waren die Erfahrungen mit dem Theaterstück? Welche Reaktionen gab es aus der Schülerschaft?
Die Darstellenden brachten ihre Darbietung so lebensecht vor, dass es zwischenzeitlich Schülerinnen und Schüler gab, die meinten, die echten Personen würden vor ihnen stehen. Es gab bei den Vorträgen Passagen, die zum Schmunzeln oder sogar Lachen animierten. Aber es gab zwischendurch auch angespannte Stimmung. Die dargestellten Situationen behandeln ja sehr ernste und schwierige Themen. Anschließend sollten Meinungen zu den dargestellten Gewalterlebnissen geäußert werden. Die Schülerinnen und Schüler sollten für sich hinterfragen, ab wann Gewalt für einen nachvollziehbar ist und wie man selbst reagieren würde. Eine durchaus spannende Frage, die doch einige Zuschauende aus der Reserve lockte und interessante Diskussionen anstieß.
Welche Gründe für Gewalt gibt es denn aus Ihrer Sicht generell an Schulen?
Es gibt unter den Schülerinnen und Schülern oft Provokationen aus geringfügigen Anlässen. Mobbing spielt eine Rolle, sei es vor Ort in der Schule oder auch online in den sozialen Medien. Was online passiert, wird auch oft parallel in der Schule zum Thema. Schulen sind ein komplexes Umfeld, dazu kommt noch der Druck durch Noten, Stress durch hohe Lernbelastung, verschiedene soziale und kulturelle Hintergründe... und in unserem Fall an der Oberschule emotionale Teenager.
Hat sich nach dem Theaterstück irgendetwas an Ihrer Schule geändert?
Danach wurde im Unterricht auf jeden Fall noch lebhaft diskutiert. Ich hoffe, dass alle Schülerinnen und Schüler daraus etwas mitnehmen und auch lernen, wie man auf Provokationen oder Konfrontationen reagiert, ohne Gewalt anzuwenden. Die Schülerschaft möchte ja auch ein sicheres Umfeld an ihrer Schule haben und man hat gemerkt, dass sie das Thema beschäftigt und jeder irgendwie eine Geschichte zu erzählen hat. Rücksichtnahme und besonnenes Verhalten im Miteinander soll mehr in den Vordergrund rücken, davon profitieren am Ende alle.
Was macht Ihre Schule noch, um Prävention gegen Gewalt zu betreiben?
An unserem Gymnasium arbeiten wir das gesamte Schuljahr am Thema Gewaltprävention, Demokratieerziehung und Teambuilding. Wir haben für dieses Schuljahr verschiedene Theaterprojekte in den größeren Klassen organisiert, die sich mit diesen Dingen beschäftigen. Für die neuen Schülerinnen und Schülern der fünften Klassen erhalten deren Klassenleiterinnen und -leiter über das gesamte Schuljahr eine Klassenleiterstunde, die neben dem Lernen lernen auch die Arbeit am sozialen Gefüge der Klasse beinhaltet. Dazu gibt es auch gemeinsame Events, wie zum Beispiel Klassennachmittage, Besuch einer Theatervorstellung u.Ä. Die Beratungslehrerinnen und -lehrer unseres Gymnasiums organisieren gemeinsam mit der Polizeidirektion Chemnitz und anderen Außenkräften Sozial- und Medienkompetenztrainings, ebenso Informationen zur Prävention gegen den Drogenkonsum. Nicht zuletzt nutzen die Geschichtslehrkräfte der neunten Klasse die traditionelle Möglichkeit des Besuches der Gedenkstätte Buchenwald. Fast alle Klassen nutzen die Wandertage zu einer Klassenfahrt über drei bis 5 Tage und erleben so das soziale Miteinander hautnah. Diese Liste ließe sich weiter fortsetzen.
Liebe Frau Drehn, wir danken Ihnen für das Gespräch.