abgeschlossen 06/2001
Fahrerinnen und Fahrer von Linienbussen verbringen einen großen Teil ihrer Arbeitszeit im Sitzen. Um arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren vorzubeugen, ist es deshalb unbedingt erforderlich, dass der Fahrersitz nicht nur technische, sondern auch ergonomische Kriterien erfüllt. Der Fahrerarbeitsplatz in neuen Linienbussen verfügt in der Regel über einen ergonomischen Fahrersitz, der dem Fahrer durch eine Vielzahl von Verstellmöglichkeiten eine optimale Anpassung mit dem Ziel einer gesundheitlich zuträglichen, komfortablen Sitzposition ermöglicht. Im betrieblichen Alltag werden diese Verstellmöglichkeiten aufgrund von Zeitmangel, Bequemlichkeit oder fehlender Einweisung oft nicht richtig genutzt. Zur vereinfachten Einstellung der verschiedenen Sitzparameter wurde daher ein Sitzmemory entwickelt, bei dem die optimale individuelle Sitzposition auf einer Speicherkarte abgelegt werden kann. Dieses System ist jedoch bisher nur in Laborversuchen erprobt worden. Daher ergibt sich die Frage, ob sich ein Memorysitz im betrieblichen Alltag bewährt und tatsächlich zu einer ergonomischeren Sitzhaltung am Busfahrerarbeitsplatz beiträgt.
Für die Untersuchung wurde ein Probandenkollektiv bestehend aus ca. 25 Busfahrer/-innen, die mit dem neuen Busfahrerarbeitsplatz (ohne Sitzmemoryfunktion) vertraut sind, ausgewählt. Die Durchführung der Untersuchung gliedert sich in vier Phasen. Im Rahmen einer Eingewöhnungsphase können sich die Busfahrer/-innen mit den Einstellungsmöglichkeiten des Sitzes vertraut machen. Es folgt eine Messphase mit dem Probandenkollektiv, in der während der Arbeit Körperhaltungswinkel und die vom Probanden jeweils gewählte Sitzhaltung kontinuierlich registriert werden. Die Körperhaltungswinkel werden mit einem im Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitssicherheit - BIA entwickelten Messsystem aufgezeichnet. Die zugehörigen Sitzeinstellungen lassen sich in einem mit dem Memorysitz verbundenen Computer speichern. Parallel hierzu werden Videofilmaufnahmen von der Arbeitsplatzsituation angefertigt. In der anschließenden Laborphase wird für alle Probanden die optimale individuelle Sitzeinstellung ermittelt, welche zur Einnahme der in einem vorhergehenden Forschungsprojekt ermittelten ergonomischen Komfortwinkel führen. Diese stehen dann für die letzte Phase, die Überprüfungsphase, zur Verfügung. Hier wird einerseits evaluiert, ob die in der Laborphase ermittelten Einstellungen des Memorysitzes tatsächlich zur Einnahme der Komfortwinkel seitens der Probanden führen, andererseits kann in dieser Phase eine Befragung in Bezug auf die Akzeptanz der neuen Sitzeinstellung durch die Probanden erfolgen.
Die Untersuchung ergab, dass ohne Einsatz des memorisierten Fahrersitzes erhebliche Defizite hinsichtlich der Ergonomie der Fahrersitzhaltungen bestehen. Durch den Einsatz der Memoryfunktion konnte für das Gesamtkollektiv der Busfahrer/-innen eine deutliche Verbesserung der Sitzhaltung erreicht werden. Hierzu sollten insbesondere vier Sitzeinstellungsfunktionen memorisiert werden: Sitzhöhe, Sitzlängseinstellung, Rückenlehnenneigung und Sitzflächenneigung. Die subjektive Einschätzung der Bedienerfreundlichkeit und des Sitzkomforts fiel nahezu uneingeschränkt positiv aus.
Weitere Informationen:
Fahrzeugbau
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Gestaltung von Arbeit und Technik
Schlagworte:Ergonomie, Messverfahren, Transport und Verkehr
Weitere Schlagworte zum Projekt:Ergonomie, Busfahrerarbeitsplatz, Sitzmemory, Messverfahren für Sitzkörperhaltungen, arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Linienbus, Sitzeinstellung