abgeschlossen 03/2023
Die Unternehmensleitung spielt eine zentrale Rolle für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA) in Klein- und Kleinstunternehmen (unter 50 Beschäftigte; im Folgenden zusammengefasst unter dem Begriff Kleinunternehmen). Diese Zielgruppe wurde aber in der betrieblichen Präventionsarbeit bisher eher unterschätzt. Das vorliegende Forschungsprojekt fokussierte die SGA-Aktivitäten der Unternehmensleitungen und ihre potenziellen Einflussfaktoren. Aus den Erkenntnissen sollten für diese Zielgruppe geeignete Interventionsmaßnahmen abgeleitet, in einer Pilotstudie erprobt und wissenschaftlich evaluiert werden.
Auf der Grundlage einer Literaturanalyse wurden N = 34 Personen unterschiedlicher Ebenen in ausgewählten Kleinunternehmen zu ihren SGA-Aktivitäten interviewt. Die Interviews wurden vollständig transkribiert und inhaltsanalytisch ausgewertet. Darauf aufbauend, wurden die potenziellen Einflussfaktoren der SGA-Aktivitäten in Interviews mit Personen aus der Geschäftsführung weiterer N = 27 Kleinunternehmen untersucht. Als Grundlage für das deduktiv inhaltsanalytische Vorgehen diente das "Theoretical Domains Framework" (TDF; Atkins et al., 2017). Die Einflussfaktoren wurden zusätzlich anhand der "Grounded Theory"-Methodologie (GTM; Strauss & Corbin, 1997) ausgewertet und anschließend quantifiziert. Die potenziellen Wirkungen auf die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten wurden in einer Mitarbeiterbefragung in den gleichen Unternehmen untersucht. Aus der Literatur und den vorliegenden Studienergebnissen wurden Interventionsmaßnahmen für Kleinunternehmen abgeleitet. Darüber hinaus wurde ein Workshop mit Präventionsfachkräften der vier am Projekt beteiligten Berufsgenossenschaften Berufsgenossenschaft BAU (BG Bau), Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM), Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (BGHW), Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) durchgeführt. Zur Förderung der SGA-Aktivitäten der Kleinunternehmen wurde ein Leitfaden für ein individuelles Beratungskonzept entwickelt und exemplarisch mit zwei Kleinunternehmen über einen Zeitraum von sechs Monaten erprobt. Zusätzlich wurde ein alternatives Ansprachekonzept für diese Zielgruppe entwickelt und in zwei Veranstaltungen der Industrie- und Handels- sowie der Handwerkskammer umgesetzt. Der Erfolg des Beratungskonzeptes wurde anhand mehrerer Selbst- und Fremdeinschätzungen evaluiert. Zur Erfolgskontrolle des Ansprachekonzeptes wurde eine Veranstaltungsevaluation durchgeführt.
Das Management Commitment (MC) mit seinen unterschiedlichen Komponenten erwies sich als ein geeignetes Konzept zur Beschreibung der SGA-Aktivitäten. Insbesondere die Thematisierung von SGA und die Bereitstellung entsprechender Strukturen und Ressourcen erwies sich als maßgebend für SGA-Aktivitäten in Kleinunternehmen. Insgesamt wurden 13 Einflussfaktoren auf das MC von Kleinunternehmen identifiziert. In weiteren Analysen zeigte sich, dass das MC auf fünf Komponenten reduziert werden konnte (Fürsorgepflicht, Verantwortungsgefühl, Bedeutsamkeit von SGA, Ganzheitlichkeit des SGA-Verständnisses, SGA als zentrale Unternehmensaufgabe). Dieses wies signifikant positive Beziehungen zum Verhalten der Geschäftsführenden wie auch der Wahrnehmung durch die Beschäftigten auf. Durch individuelle Beratung konnte das MC der Geschäftsführenden aus der eigenen wie auch der Sicht der Mitarbeitenden substanziell gesteigert werden. Die indirekte Ansprache über aktuelle "Reizthemen" in einem neutralen Setting erwies sich als erfolgversprechender Weg, Kleinunternehmen vom Nutzen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu überzeugen.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Arbeitsorganisation/-schutzmanagement
Schlagworte:Arbeitsschutzorganisation, Prävention, Organisatorische Schutzmaßnahmen (inkl. Lage und Dauer der Arbeitszeit)
Weitere Schlagworte zum Projekt:Präventionskultur, Unternehmensleitung