abgeschlossen 07/2023
Das schwere Schädelhirntrauma (sSHT) stellt eine der häufigsten Ursachen für Morbidität, Mortalität und Arbeitsunfähigkeit der arbeitstätigen Population dar und ist aufgrund der schlechten Prognose und dem sich daraus ergebenden hohen medizinischen Aufwand eine relevante Kostenquelle für die gesetzlichen Unfallversicherungen. So tritt bei ca 1/3 aller sSHT-Verletzungen eine posttraumatische sekundäre Hirnschädigung (Ischämie, Hypoxie, malignes Hirnödem) für den Menschen auf, die mit der höchsten Morbi-Mortalität assoziiert ist. Bislang fehlen verlässliche Biomarker, die das Outcome frühzeitig vorhersagen und dadurch möglicherweise das Outcome verbessern könnten.
Ziel der hier vorliegenden Studie war es daher, neue prognostische Biomarker in Hirngewebe, Serum und Liquor von Menschen mit schwerem Schädelhirntrauma aufzudecken, die bei einer frühzeitigen Identifizierung des Auftretens von sekundären Hirnschädigungen und schlechtem Verlauf beitragen können und diese mit Parametern von klinisch etablierten Verfahren wie der Elektrophysiologie und dem Neuromonitoring zu korrelieren.
Innerhalb der ersten Woche nach schwerem Schädelhirntrauma (sSHT) wurde bei 32 sSHT-Verletzungen Liquor zu drei Zeitpunkten (Tag 0, Tag 3, und Tag 6) sowie Hirngewebe bei entsprechend indizierter Operation entnommen. In dieser Zeit wurden täglich routinemäßig erfasste Parameter wie Serum-, Vital- und Beatmungsparameter sowie Ergebnisse des Neuromonitorings (intrakranieller Druck (ICP), zerebraler Perfusionsdruck (CPP)) dokumentiert. Des Weiteren wurde von 18 gesunden Kontrollpersonen Liquor zu einem beliebigen Zeitpunkt entnommen. Unter Verwendung quantitativer Massenspektrometrie-basierter Methoden wurden am medizinischen Proteom-Center (MPC) der Ruhr Universität Bochum Proteomprofile der Bioproben erstellt. Durch den Einsatz bioinformatischer und statistischer Methoden wurden die Proteomdaten umfassend in Bezug auf verschiedene o. g. Parameter differentiell ausgewertet. Zum einen wurden die Unterschiede von mit sSHT-betroffenen Menschen zu den Kontrollpersonen erfasst, zum anderen der zeitliche Verlauf innerhalb der Proben. Im Anschluss wurden die Proteomveränderungen mit klinischen Parametern wie dem ICP, dem CPP, der Elektrophysiologie (somatosensorische evozierte Potenzialen (SSEP), frühe akustisch evozierte Potenziale (FAEP)) sowie dem frühen (bei Entlassung) und späten (nach sechs Monaten) klinischen Outcome der von sSHT-betroffenen Personen korreliert.
Insgesamt wurden 32 Personen mit schwerem Schädelhirntrauma (sSHT) und 18 Kontrollpersonen eingeschlossen. Von den 32 sSHT-Verletzungen konnten zu Zeitpunkt T0 (Aufnahme- und OP-Tag) 27 Liquorproben, zu Zeitpunkt T3 (Tag 3 nach SHT) 30 und zu Zeitpunkt T6 (Tag 6 nach SHT) 23 Liquorproben gesammelt werden.
Desweiteren wurden bei 19 SHT-Verletzungen im Rahmen einer Operation wegen einer Hirnblutung Hirnproben asserviert. Die übrigen 13 SHT-betroffenen Personen erhielten lediglich eine externe Ventrikeldrainage-OP zur Messung der ICP und ggf. Therapie beim Auftreten pathologischer ICP-Werte.
Im Vergleich zu den Kontrollpersonen waren bei den sSHT-Proben zum Zeitpunkt T0 438, zu T3 382 und zu T6 350 Proteine signifikant differentiell reguliert, von denen die hochregulierten Proteine mit der funktionellen Proteingruppen (GO-Terms) der "Response to stress" und "Regulation of complement activation" assoziiert waren. Weiterhin veränderten sich 265 Proteine signifikant über die Zeit innerhalb der sSHT-Proben. Es fand sich jedoch keine Korrelation zwischen dem frühem Outcome- oder dem Elektrophysiologie-Monitoring und den Proteomveränderungen. Drei Proteine korrelierten mit dem ICP-Wert bei Einteilung in ICP ≤18 mmHg (unauffällig) und ICP >18 mmHg (pathologisch), und zwar UCHL1, YWHAG und NPTXR. Eine erhöhte CSF-Konzentration von Protein CFHR1 zu Zeitpunkt T3 korrelierte signifikant mit einem schlechten Patienten-Outcome gemessen am 6-monatigen GOS (1-2 Punkte).
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):-Verschiedenes-
Schlagworte:Rehabilitation
Weitere Schlagworte zum Projekt:Proteomveränderungen, Schädelhirntrauma, SHT