abgeschlossen 06/2020
Häufig geben Gerüche in Innenräumen Anlass zu Beanstandungen und lösen bei den Beschäftigten Besorgnis über die eigene Gesundheit aus. Messungen von Schadstoffen in der Raumluft und deren Bewertung anhand von Richt- und Referenzwerten sind bei Beschwerden zu Gerüchen oft nicht zielführend, weil zahlreiche Geruchsstoffe, z. B. analytisch, nicht erfasst werden können.
Mithilfe einer Befragung in Büroräumen ohne bekannte Innenraumprobleme und Innenraumluftmessungen sollten zum einen Vergleichswerte für Büroräume ohne Innenraumprobleme ermittelt und zum anderen Korrelationen zwischen geäußerten gesundheitlichen Beschwerden und einer tatsächlich vorhandenen Schadstoffbelastung gezogen werden.
Die ermittelten Vergleichswerte sollen helfen, bei auftretenden Geruchsbeschwerden zu beurteilen, ob die Beschwerdehäufigkeit ungewöhnlich hoch ist oder innerhalb der normalen Hintergrundprävalenz liegt. Diese Vergleichswerte können die Vorgehensempfehlung des Reports „Innenraumarbeitsplätze – Vorgehensempfehlung für die Ermittlungen zum Arbeitsumfeld“ ergänzen. So kann eine einheitliche Vorgehensweise der Unfallversicherungsträger (UVT) bei der Ermittlung und Beurteilung von Beschwerden und von der Wirksamkeit durchgeführter Maßnahmen an Innenraumarbeitsplätzen bzgl. der Innenraumluftqualität ermöglicht werden.
Gleichzeitig konnte durch die im Projekt durchgeführten Messungen von Flüchtigen Organischen Verbindungen (VOC) und Aldehyden die neue Messstrategie des MGU (Messprogramm 9124 - Innenraummessungen gemäß Messstrategie für Büroarbeitsplätze) weiter optimiert werden.
Das Projekt wurde gemeinsam vom Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) und dem Institut für Prävention und Arbeitsmedizin der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung Institut der Ruhr-Universität Bochum (IPA) durchgeführt.
Es wurde ein Fragebogen zur Erhebung und Bewertung der Luftqualität an Innenraumarbeitsplätzen entwickelt, eingesetzt und ausgewertet. Mithilfe der Befragung in Büroräumen ohne bekannte Innenraumprobleme wurden die Häufigkeit von Beschwerden über das Raumklima, gesundheitliche Beschwerden und Angaben zur Geruchswahrnehmung und -belästigung ermittelt. Parallel zur den Befragungen wurden Messungen von VOC, Aldehyden und CO2 sowie Messungen von Lufttemperatur und -feuchte durchgeführt, um festzustellen, ob Beeinträchtigungen durch ungünstige Klimaverhältnisse oder Schadstoffbelastungen in der Raumluft der Büroarbeitsplätze vorlagen.
Die Messungen erfolgten entsprechend der Handlungsanleitung zum Messprogramm „Innenraummessungen gemäß Messstrategie für Büroarbeitsplätze“ der Unfallversicherungsträger. Die VOC- und Aldehyd-Messungen erfolgten sowohl unter Ausgleichs- als auch Nutzungsbedingungen.
Im Rahmen dieses Projektes wurden nur Büroarbeitsplätze untersucht, wobei verschiedene Typen von Büroräumen mit unterschiedlicher Belegungszahl (z. B. Zwei-Personen-Büro, Großraumbüro, Neubau, Altbestand) berücksichtigt wurden.
Projektzeitplan:
2016/2017 wurden in einem Pretest im IPA der Fragebogen und die Durchführbarkeit der Befragungen geprüft. Anschließend wurden in einer internen Vorstudie in Büroräumen an verschiedenen DGUV Standorten ca. 100 Fragebögen verteilt und dort gleichzeitig Innenraummessungen durchgeführt.
Von 2017–2019 wurden in der Hauptstudie insgesamt 131 Beschäftigte in Büroräumen von Mitgliedsbetrieben der UV-Träger befragt und gleichzeitig 116 Innenraummessungen durchgeführt. Das ursprüngliche Ziel der Studie, etwa 5 00–1 000 Fragebögen inkl. Innenraummessungen zu erheben, um mit einem repräsentativen Datensatz die Vielfalt an Gebäuden, Bürogrößen, Wochenarbeitszeiten etc. abzudecken, konnte trotz großer Unterstützung durch die UV-Träger nicht erreicht werden.
Innenraummessungen:
Alle CO2-Werte lagen zwischen 549 und 3 294 mg/m³. Der unter Nutzungsbedingungen empfohlene CO2-Wert von 1 800 mg/m³ (1 000 ppm) wurde dabei in 28 % der Büroräume überschritten. Die TVOC-Werte lagen zwischen 0,05 und 0,97 mg/m³. Der unter Nutzungsbedingungen empfohlene TVOC-Wert von 1 mg/m³ wurde nie überschritten. Neben den TVOC-Werten wurden auch die Werte von 68 Einzelstoffen an VOC und Aldehyden ermittelt. Die Einzelstoffe wurden mithilfe der Innenraumrichtwerte RW I (Vorsorgewert) und RW II (Gefahrenwert) beurteilt. Die Prüfung zeigt lediglich Überschreitungen des RW I bei wenigen Einzelstoffen, der RW II wurde nie überschritten. Zusammen mit den erhöhten CO2-Werten weisen die Werte auf einen Mangel in den Lüftungsregimen hin.
Die gemessenen Werte für Lufttemperatur und relative Luftfeuchte entsprechen unter Berücksichtigung der verschiedenen Jahreszeiten den typischen Werten für Innenraumarbeitsplätze in Deutschland.
Befragungen:
Nach der Plausibilitätsprüfung (acht Fragebögen) und der Prüfung der Ausschlusskriterien wurden 75 Fragebögen der insgesamt 131 Fragebögen ausgewertet. Ausschlusskriterien waren die Überschreitung des unter Nutzungsbedingungen empfohlenen CO2-Wertes von 1800 mg/m3 (26 Fragebögen), Beschwerden über eine „nicht akzeptable“ Luftqualität oder eine „erhebliche“ Geruchsbelästigung (15 Fragebögen) sowie eine Arbeitszeit ≤ 15 Stunden pro Woche (sieben Fragebögen).
Die Befragten beurteilten ihre Arbeitsbedingungen überwiegend positiv: 76 % fanden ihre Arbeit interessant und anregend und 89 % konnten ihre Arbeit in der Arbeitszeit bewältigen. Die Mehrheit (73 %) wünschte sich allerdings, das Raumklima direkt beeinflussen zu können, was, mit Ausnahme der Luftfeuchtigkeit, bei Raumtemperatur, Fensterlüftung und Lichtverhältnissen bei mehr als 90 % gegeben war.
In Büroräumen ohne bekannte Innenraumprobleme ist „Lärm“ mit 13 % der am häufigsten genannte störende Faktor der Arbeitsumgebung, direkt gefolgt von „zu trockene Luft“ mit 12 %. Zu den am häufigsten genannten gesundheitlichen Beschwerden gehören „Müdigkeit“ mit 15 % und „Kopfschmerzen“ mit 9 %.
Fazit:
Die Teilnahmebereitschaft war deutlich geringer als erwartet. Gründe dafür waren unter anderem
Ein Vergleich sowohl mit Referenzdaten aus Schweden (Andersson, 1998) als auch mit aktuellen Untersuchungen zur Häufigkeit von Gesundheitsbeschwerden in der deutschen Allgemeinbevölkerung (Hinz et al., 2017) zeigt jeweils eine gute Übereinstimmung mit den Studienergebnissen.
Aufgrund der fehlenden Repräsentativität kann durch den Vergleich mit den herangezogenen Referenzdaten lediglich eine erste orientierende Einschätzung vorgenommen werden, ob eine überdurchschnittliche Anzahl von Beschäftigten über Beeinträchtigungen klagt oder ob ein Beschwerdemuster erkennbar ist. Die Studienergebnisse legen trotzdem nahe, dass eine Beschwerderate von mehr als 20 % als erhöht angesehen werden kann.
Das Ergebnis des Projektes soll den DGUV Report „Innenraumarbeitsplätze – Vorgehensempfehlung für die Ermittlungen zum Arbeitsumfeld“ ergänzen. Mit dem standardisierten Fragebogen können relevante Informationen aus Sicht der Beschäftigten strukturiert erfasst werden. Dadurch erhält man eine erste Einschätzung möglicher Ursachen für die Beschwerden und kann die weiteren Untersuchungsschritte und die eventuell daraus resultierenden erforderlichen und zum Teil aufwändigen Maßnahmen effizient planen. Wird der Fragebogen zukünftig bei der Aufklärung von Problemen an Büroarbeitsplätzen eingesetzt, könnten die in diesem Projekt erhobenen Referenzdaten durch zusätzliche Befragungen in Vergleichsräumen, d. h. in Büroräumen ohne bekannte Innenraumprobleme, kontinuierlich erweitert werden.
-branchenübergreifend-
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren
Schlagworte:Gesundheitliche Beeinträchtigungen und Störungen, Innenräume
Weitere Schlagworte zum Projekt:Innenraumarbeitsplätze, Vergleichswerte, Gerüche, Luftqualität, gesundheitliche Beschwerden