abgeschlossen 04/2022
Aufgrund von zwei tödlichen Unfällen von Reinigungskräften sowie zahlreichen Verletzungen (insbesondere Quetschverletzungen im Beinbereich von Pflege-/Therapiepersonal) im Zusammenhang mit der Bedienung oder Reinigung von Therapieliegen gab es dringenden Handlungsbedarf, die sicherheitstechnische Ausstattung von elektrisch und hydraulisch betriebenen Therapieliegen neu zu betrachten und zu bewerten.
Die Unfälle ereigneten sich in der Regel aufgrund von unbewusst eingeleiteten Senk- oder Hubbewegungen der Therapieliegen, während sich Personen oder Gliedmaßen von Personen im mechanischen Unterbau der Therapieliegen befanden. Im Rahmen des Projektes sollte sowohl die schon für Therapieliegen bekannten Sicherheitskonzepte als auch Sicherheitskonzepte, welche bisher nur im Maschinenschutz eingesetzt wurden, auf deren Eignung an Therapieliegen untersucht werden.
Es wurden zwei Themenschwerpunkte betrachtet:
Für das Projekt ergaben sich somit zwei Ziele:
Das Projekt gliederte sich in folgende Phasen:
Die Recherchen zeigten, dass es aktuell noch viele höhenverstellbare Liegen ohne jegliche Schutzeinrichtungen in Deutschland gibt. Diese Schutzeinrichtungen sollen Personen vor Unfällen, wie z. B. Quetschungen, Abscherungen von Gliedmaßen oder im schlimmsten Fall den Tod durch Einklemmen schützen. Trotz einer Empfehlung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aus dem Jahre 2004, in welcher die Nachrüstung für automatisch höhenverstellbare Therapieliegen mit einer Sperrbox beschrieben wird, sind nicht alle Liegen umgerüstet worden. Die Sperrbox soll eigentlich dazu dienen, die Spannungsversorgung der Liege zu unterbrechen, wenn ein meist magnetischer Stift gezogen wird. Da es sich hierbei um eine organisatorische Maßnahme handelt und weil das Abziehen des Stiftes leicht vergessen werden kann, wird diese Maßnahme aktuell als nicht mehr ausreichend erachtet und es werden vom BfArM zusätzliche technische Schutzmaßnahmen gefordert.
Das IFA hat sich verschiedene Schutzmaßnahmen und bestehende Schutzkonzepte aus dem Maschinenbereich angesehen und dahingehend bewertet, ob sie auch an höhenverstellbaren Liegen eingesetzt werden können. Teilweise wurden dazu bestehende Schutzeinrichtungen für Maschinen so angepasst, dass sie für den Einsatz an energetisch höhenverstellbaren Liegen eingesetzt werden könnten. Um die betrachtete Schutzeinrichtung auf ihre Wirksamkeit hin zu überprüfen, wurde ein neues Bewertungsschema entwickelt. Dieses führt in einer Matrix die möglichen Gefährdungen und Unfallszenarien zusammen. Mit Hilfe eines Punkteschemas kann die Wirksamkeit der betrachteten Schutzeinrichtung individuell bestimmt werden. Es wurde eine Mustergefährdungsbeurteilung für Betriebe entwickelt, welche bereits eine energetisch höhenverstellbare Liege im Einsatz haben, diese ist beim IFA kostenfrei als Download erhältlich. Weiterhin wurden zusammen mit der Kommission Arbeitsschutz und Normung (KAN), der BGW, Betreibern und Herstellern eine FAQ-Liste mit den wichtigsten Fragen rund um das Thema erstellt und die Antworten dazu mit den zuständigen Länderbehörden abgestimmt. Diese FAQ-Liste ist ebenfalls auf der IFA-Seite zum Thema "Sichere Therapieliege" verfügbar.
Die Erkenntnisse des Projekts sind direkt in die neue Norm DIN VDE V 0750-2-52-2:2021-10 (Besondere Festlegungen für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale von Liegen) eingeflossen und wurden auf dem 2. KAN Fachgespräch vorgestellt. Zudem hat die BGW beschlossen, ein Bonusprogramm für die Nachrüstung von Liegen oder die Neubeschaffung von sicheren Liegen ab Mitte 2022 zu starten.
Dienstleistungen
Gefährdungsart(en):Mechanische Gefährdungen
Schlagworte:Unfallverhütung, Arbeitsunfall, Mechanische Gefährdung
Weitere Schlagworte zum Projekt:Therapieliegen, tödliche Unfälle, Quetschunfälle
Dammann, A.: Update zur Sicherheit von Therapieliegen. KAN Brief 4/2021, Sankt Augustin 2021