Machbarkeitsstudie zur Ermittlung der Belastungen des Muskel-Skelett-Systems beim Ziehen und Schieben von Müllgroßbehältern

Projekt-Nr. IFA 4161

Status:

abgeschlossen 08/2011

Zielsetzung:

Müllwerker gehören aufgrund der körperlich beanspruchenden Tätigkeiten beim Sammeln von Abfall zu den gesundheitlich stark belasteten Beschäftigten der Abfallwirtschaft. Die gefüllten Müllgroßbehälter werden vom Straßenrand zum Müllfahrzeug transportiert, dort geleert und wieder an den Straßenrand gestellt. Für die BG Verkehr liegen nur unzureichende Kenntnisse über die Belastung des Muskel-Skelett-Systems beim Ziehen und Schieben von Müllgroßbehältern vor. In einer Machbarkeitsstudie sollten daher zunächst Methoden zur Erfassung und Messung der physischen Belastungen beim Ziehen und Schieben von Müllgroßbehältern entwickelt werden. Anschließend sollten unter standardisierten Bedingungen die äußeren Kräfte auf das Muskel-Skelett-System ermittelt und die Belastungsfaktoren quantifiziert werden.

Aktivitäten/Methoden:

Die BG Verkehr stellte drei typische Müllgroßbehälter unterschiedlicher Befüllungsmenge und Bauform zur Verfügung. An diesen wurden die im Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) entwickelten Kraftgriffe zur Messung von 3D-Handkräften angebaut. Mit dem CUELA-System wurden die Körperhaltungen, die Gelenkwinkel der oberen und unteren Extremitäten und die Haltung des Rückens sowie Bodenreaktionskräfte aufgezeichnet. Es wurden typische Schiebe-, Zieh- und Manövriervorgänge an drei unterschiedlichen Müllgroßbehältern (120, 240 und 1100 Liter) mit zehn Müllwerkern untersucht. Das Schieben und Ziehen erfolgte über eine Versuchsstrecke. Als Bodenbelag wurde Asphalt gewählt. Die Versuchsstrecke besteht aus einer längeren (15 m) und einer kürzeren (8 m) Geraden, unterbrochen von einem Hindernisparcours (15 m) zur Ermittlung von Manövriertätigkeiten. Die Versuchsstrecke besteht weiterhin aus einem Gefälle, einer Steigung und einer Bordsteinkante. Die Müllbehälter wurden mit unterschiedlichen Gewichten beaufschlagt. Die Füllgewichte der Müllgroßbehälter wurden zuvor von der BG Verkehr in einer Feldstudie ermittelt. Die Handhabung der Behälter und die Geschwindigkeit, mit der die Müllgroßbehälter bewegt wurden, lag im Ermessen der Müllwerker. Pro Müllwerker wurden somit mindestens 204 Belastungsintervalle erfasst. Die äußeren Belastungsdaten (Körperkräfte und -winkel) wurden deskriptiv statistisch ausgewertet.

Ergebnisse:

Es konnte nachgewiesen werden, dass die äußeren Kräfte, die auf die Müllwerker wirken und die Belastung darstellen, mit dem vorliegenden Versuchsaufbau erfasst werden können. Die Körperhaltungen, die Kräfte, die Richtungen der Kräfte und schließlich die daraus resultierenden äußeren Momente im Bereich der Lendenwirbelsäule konnten ermittelt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass der dynamische Einfluss der Kräfte einen bedeutenden Einfluss auf das Ergebnis hat. Dabei betragen die mittleren Aktionskräfte beim Schieben und Ziehen zwischen 32 N (Konstantkraft, 120 Liter Müllgroßbehälter halbvoll, Schieben auf der Gefällestrecke) bis hinauf zu 357 N (Initialkraft, 1100 Liter-Müllgroßbehälter voll, Schieben auf der Hindernisstrecke). Die Müllwerker bestätigten, dass die Versuchsbedingungen den überwiegenden Teil der regulären Arbeit abdecken. Somit können die gemessenen Kräfte als praxisnahe Grundlage für die Belastungsanalyse der Müllwerker bei der Straßensammlung genutzt werden. Die Oberkörperhaltungen der Müllwerker waren insgesamt unkritisch, dabei wurden die günstigsten Werte bei den 240-Liter-Müllgroßbehältern gemessen, die kleineren 120-Liter-Müllgroßbehälter und die schweren 1100-Liter-Müllgroßbehälter zwingen die Müllwerker zu ungünstigeren Oberkörperhaltungen. Ferner bieten die erhobenen Daten die Möglichkeit, aus den Kräften und Oberkörperhaltungen eine Momentenberechnung im Bereich der Lendenwirbelsäule durchzuführen. Spitzenwerte ergeben sich beim Schieben von 120-Liter-Müllgroßbehältern und beim Ziehen von 1100-Liter-Müllgroßbehältern, bei jeweils voller Beladung. Aus diesen Ergebnissen lassen sich konkrete Empfehlungen zur Belastung der Straßensammlung ableiten: 1. Eine höhere Griffhöhe oder größere Müllgroßbehälter tragen zu einer besseren Körperhaltung bei und verringern die Aktionskräfte bei vergleichbarer Füllung. 2. Vierrädrige Müllgroßbehälter sollten zu zweit gehandhabt werden, um Überlastungen zu Vermeiden.

Stand:

02.05.2016

Projekt

Gefördert durch:
  • Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V. (DGUV)
Projektdurchführung:
  • Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA)
  • Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr)
Branche(n):

Entsorgung

Gefährdungsart(en):

Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren, Arbeitsbedingte Erkrankungen, Handhabung von Lasten

Schlagworte:

Physische Beanspruchung/Belastung, Heben und Tragen von Lasten, Ergonomie

Weitere Schlagworte zum Projekt:

physische Belastungen, Ziehen, Schieben, Müllgroßbehälter, Müllbehälter, Mülltonne, Müllentsorgung, Müllwerker, Körperkräfte, Körperhaltung, Kraftgriff, CUELA, Entsorgungswirtschaft, Entsorger, Müllsammler, Lastentransport, Anthropometrie