abgeschlossen 09/2010
Bei Arbeiten im Gleisbereich werden akustische Warnsignale verwendet, um die Beschäftigten bei Gefahr (sich nähernder Zug) zum Räumen des Gleises aufzufordern. Dabei erlangen sogenannte automatische Warnsysteme (AWS) eine immer größere Bedeutung. Sie werden über Schienenkontakte aktiviert, die im befahrenen Gleis angebracht sind, und sind überwiegend als Warnsignalgeberketten neben dem Gleis aufgebaut. Darüber hinaus ist es auch möglich, funkgesteuerte AWS an Gleisbaumaschinen selbst anzubringen. In Deutschland sind Systeme von zwei Herstellern im Einsatz, deren Signale sich in ihrer Frequenzcharakteristik und Zeitstruktur unterscheiden. Da sich die Beschäftigten jeweils auf das Signal einstellen müssen, sind die BG BAU - Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft, die Eisenbahn-Unfallkasse und die Deutsche Bahn AG daran interessiert, dass zukünftig nur noch ein einziges Signal verwendet wird. Deshalb soll untersucht werden, welches der beiden verwendeten Signale unter den gegebenen Arbeitsbedingungen leichter zu hören ist.
Die Mithörschwelle ist der Pegel, bei dem ein Signal bei gegebenem Störschall mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % (also in der Hälfte aller Fälle) wahrgenommen wird. Es existieren genormte Methoden zur Berechnung dieser Schwelle, allerdings werden dabei nur die spektralen Eigenschaften von Signal und Störgeräusch berücksichtigt, sodass die Anwendung nur für konstante Geräusche aussagekräftige Ergebnisse liefert. Andere Einflussgrößen wie Rauhigkeit, Tonalität und Schärfe gehen nicht mit ein. Aus diesem Grund wurden im Labor Versuche mit Probanden durchgeführt, um die Mithörschwellen für beide Signale experimentell zu bestimmen. Dabei wurde der Störschall (Arbeitsgeräusch einer Gleisbaumaschine) bei einem festen Pegel abgestrahlt und zusätzlich das Warnsignal bei verschiedenen Pegeln angeboten. Die Versuchsperson gab jeweils an, wenn sie das Signal gehört hatte. Aus den Einzelwerten ließ sich der Pegel errechnen, bei dem 50 % der angebotenen Signale erkannt wurden. Diese Versuchsreihen wurden für die beiden Warnsignale sowie für verschiedene Störgeräusche und Einfallsrichtungen des Warnsignals durchgeführt. In einem weiteren Versuchsteil, einem sogenannten Paarvergleich, wurden den Probanden beide Warnsignale im Störgeräusch nacheinander vorgespielt und sie mussten entscheiden, welches sie besser wahrgenommen hatten. Dies wurde für verschiedene Signalpegel durchgeführt, die aber alle über der Mithörschwelle für die Signale lagen (überschwellige Hörversuche). In ergänzenden Experimenten wurde untersucht, ob sich die Ergebnisse auch mit einem für das Signalhören im Gleisoberbau geeigneten Gehörschutz bestätigen lassen. Die Eignung eines Gehörschützers für den Gleisoberbau wird am Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (IFA) durch eine rechnerische Vorauswahl anhand der Schalldämmwerte festgestellt. Vor einem praktischen Einsatz ist zusätzlich noch individuell eine Hörprobe am Arbeitsplatz notwendig.
Für die Mithörschwellenmessung ergab sich für alle untersuchten Situationen (Variation des Störgeräusches und der Einfallsrichtung) unter Berücksichtigung der Messunsicherheit kein signifikanter Unterschied zwischen den Mithörschwellen der beiden Signale. Im Gegensatz dazu erlauben die überschwelligen Messungen (Paarvergleich) ein eindeutiges Ergebnis. Es konnte bei diesem der Praxis nahe kommenden Versuch gezeigt werden, dass das Minimel-Signal der Fa. Schweizer im direkten Vergleich mit dem Autoprowa-Signal der Fa. Zöllner als geeigneteres Warnsignal auf Gleisbaustellen anzusehen ist. Dies gilt auch bei der Verwendung eines für den Gleisoberbau geeigneten Gehörschutzes. In Abstimmung mit den Initatoren werden die Ergebnisse der Deutschen Bahn AG zur Verfügung gestellt.
Bauwirtschaft
Gefährdungsart(en):Arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren
Schlagworte:Gestaltung von Anlagen und Verfahren
Weitere Schlagworte zum Projekt:Gleisoberbau und andere Arbeiten im Gleisbereich, Warnsignalhören, Mithörschwelle, Paarvergleich